Kleindeutschland in N.Y.City

Deutsche waren von Anfang an ein Teil von New York/New Amsterdam. Peter Minuit aus Wesel am Rhein integrierte New Amsterdam im Jahre 1626 und verwaltete es für die Niederländer. Zwischen 1626 und der Mitte des 19. Jahrhunderts kamen sehr viele Deutsche in die Stadt und 1855/1860 hatte sie die drittgrösste deutsche Bevölkerungszahl einer Stadt nach Wien und Berlin. Der Begriff “deutsch” ist im weitesten Sinne zu sehen, denn es gab damals kein Deutschland, sondern nur deutschsprachige Staaten wie z.B. Preussen etc.

Kleindeutschland wurde durch deutschsprachige Viertel wie Bayern, Hessen, Schwaben, Preussen etc. geschaffen und spiegelte die Situation in Europa wider. Um 1860 gab es ca. 200.000 Deutsche in der Stadt, viele davon lebten in Kleindeutschland, und machten insgesamt ein Viertel der Gesamtbevölkerung aus. Auf seinem Höhepunkt hatte Kleindeutschland eine Fläche von ca. 400 Blocks mit dem Tompkins Square in seiner Mitte.

Ein heißes politisches Pflaster

Die deutschen Einwanderer waren anders als viele andere Einwanderergruppen, da die meisten gut gebildet waren und Handelsfähigkeiten hatten – dies machte sie ideal für ein Leben in der Stadt. Besonders nach der gescheiterten Revolution 1884 kamen sehr viele hochgebildete Deutsche nach New York und Kleindeutschland. Es gab sehr viele Geschäfte, kleine Fabriken, Vereine, Bierhallen, Gesangsvereine, Kirchen und Synagogen – es war eine deutsche Stadt innerhalb New York. Viele der Viertel starteten Clubs für z.B. Schwäbisch, Bayerisch, Plattdeutsch etc., welche bis in die 1920er Jahre überlebt haben. Leider gibt es heute nur noch einen einzigen deutschen Verein, der in Manhattan ist und “Der Liederkranz” heisst.

Kleindeutschland war ein heisses Pflaster in Bezug auf politische Aktivitäten mit Verbänden wie dem Kommunisten-Klub, der Arbeiter-Liga, den Ersten Internationalen Anarchisten und anderen. Das hauptsächliche Interesse galt der Verbesserung der Arbeitsbedingungen (8-Stunden-Tag) und der Abschaffung der Kinderarbeit. Oswald Ottendorfer, der Herausgeber der Staatszeitung, war Mitte des 19. Jahrhunderts der unangefochtene Führer der Gemeinschaft. Er verhalf Bürgermeister Gunther zu seiner Wahl 1863 und auch Bürgermeister Havemeyer zu seiner Wahl 1872, unterlag selbst aber bei seiner Bürgermeisterwahl 1874.

Als immer mehr Einwanderer aus Osteuropa und Italien kamen, begann die 2. und 3. Generation der deutschen Einwanderer von Kleindeutschland wegzuziehen. Langsam wurde aus dem Gebiet dann die Lower East Side mit ihren Mietshäusern und den überfüllten Wohnverhältnissen.

Die ehemals drittgrößte deutsche Stadt kann man noch erahnen

Wenn man ein Datum definieren wollte, das den schnellen und endgültigen Niedergang von Kleindeutschland noch beschleunigte, dann wäre dies sicher das der schlimmsten zivilien Schiffskatastrophe in der amerikanischen Geschichte. Am 15. Juni 1904 organisierte die Evangelisch-Lutherische Kirche St. Mark (heute eine Synagoge) einen Picknick-Ausflug auf dem Raddampfer “General Slocum” um das Ende des Schuljahres zu feiern. Kurz nach der Abfahrt brach ein Feuer auf dem Schiff aus. Durch den schlechten Zustand der Rettungsboote sowie der Schwimmwesten und der Unfähigkeit des Kapitäns kamen 1.021 Frauen und Kinder ums Leben.

Heutzutage gibt es nur noch wenige Erinnerungen an das, was einmal die drittgrösste deutsche Stadt der Welt war. An der 2nd Av. & St. Mark Str. gibt es die “Freie Bibliothek mit Lesesaal” und die “Deutsche Apotheke” – beides ein Vermächtnis der Ottendorfer Familie an die Gemeinde. Im Tompkin Square Park gibt es ein kleines Denkmal zur Erinnerung an die Slocum-Katastrophe und an der 8th Str. gibt es das Gebäude der früheren “Deutsch-Amerikanischen Schützengesellschaft”.

Sie möchten Kleindeutschland auf Ihrer New York Stadtreise erkunden? Sprechen Sie mich an – ich bringe Sie hin.